Goodbye, schönen Urlaub, Jungs.© Fabrizio Bensch/Getty Images
Was
fehlt eigentlich noch bei der WM-Berichterstattung? Hat man die Guten
nun angemessen gewürdigt, muss man noch mal über die Bedeutung des
Sieges für Fußball-Deutschland sprechen? (Die Antwort: Nein! Der Fußball
brummt bereits mit seinen Sponsoreneinnahmen und gut gefüllten Stadien.
Jetzt brummt er eben noch ein bisschen lauter). Muss man noch zum
tausendsten Mal über die formidable Nachwuchsförderung des DFB sprechen?
(Antwort: Wieder Nein! Dass die Nachwuchsleistungszentren der
Bundesligisten kleine Götzes ausspucken, hat mittlerweile selbst jeder
Volleyball-Fan begriffen).
Kurzum, man ist festen Willens, jetzt nicht irgendwelche Politiker,
Sozialwissenschaftler und B-Promis zu Wort kommen zu lassen. Doch eines
fehlt noch:
Die finale Würdigung dieses WM-Kaders!
Manuel Neuer
Startete
als bester Torwart der Welt ins Turnier, von dort ging es dann steil
bergauf. Stieg schnell zum besten Torwart aller Zeiten auf, was seine
Befürworter noch immer als schamlose Untertreibung empfinden. Deshalb
hieß es bei Männern wie dem DFB-Fitnesscoach Mark Verstegen schnell:
"The Manu has defined the modern game of the torwart." Heißt frei
übersetzt: Der Manu hat das Torwartspiel auf ein neues Niveau gehoben.
Spielt so ein WM-Finale mit der gleichen Aufregung wie den Audi-Cup in
der Saisonvorbereitung. Empfing natürlich auch den Handschuh für den
besten Torwart des Turniers. Welttorhüter. Was kann da noch kommen?
Eigentlich nur der Aufbruch in ferne Galaxien.
Manuel Neuer im Laufduell mit Algeriens Islam Slimani© Leonhard Foeger/Reuters
Philipp Lahm
Der
Kapitän. Soll man jetzt noch einmal anfangen, ihm Blumenkränze zu
flechten. Er hat ein solides Turnier gespielt, mit ein paar Wacklern,
was bei einem wie ihm schon mal in eine nationale Krise mündet, man
kennt das nicht von ihm. Als es im Finale dann zählte, war er da,
kurbelte an, unermüdlich. Zeigt, wer diese Elf maßgeblich trägt. Und wer
ihr eine innere Zähigkeit verleiht. Ein großes Spiel. Ein großer
Spieler.
Jerome Boateng
Alle reden von
Schweinsteiger, von Lahm, von Götze. Aber was für ein Turnier. Vor allem
aber: Was für ein Finale. Es war ja lange nicht klar, ob es Boateng
einmal unter die Besten seiner Zunft würde schaffen können, immer wieder
garnierten rätselhafte Aussetzer sein Spiel, die Konzentration war dann
weg. Bleiben diese Konzentrationslücken aber aus, verfügt Deutschland
über einen der besten Innenverteidiger, den dieser Sport kennt.
Unglaublich schnell im Sprint, resolut im Tackling, mit einer Energie,
die einschüchtern kann. Berlin kann stolz auf diesen Boateng sein.
München auch.
Mats Hummels
Musste um seinen
Platz in dieser Elf vor dem Turnier kämpfen, setzte sich dann natürlich
durch. "Man of the Match" gegen Frankreich, nicht nur seines Tores
wegen, stark gegen Brasilien. Argentinien? Nun ja, wer so forsch
antizipiert als letzter Man in Zweikämpfen, um dem Infight aus dem Weg
zu gehen, der liegt leider auch einmal daneben. Man kann es ihm nicht
ersparen, aber wenn Deutschland auch diesmal als Zweiter nach Hause
gefahren wäre, hätte dieser Hummels seinen Beitrag. Was nicht heißt,
dass Deutschland nicht zwei Innenverteidiger hat, um die man es beneiden
sollte, wenn man Engländer oder Franzose ist. Aber: seltsam verhalten,
der Hummels ,nach dem Spiel. Das muss besser werden in zwei Jahren, wenn
in Frankreich wieder gefeiert wird!
Mats Hummels© Ricardo Moraes/Reuters
Benedikt Höwedes
Über
die Abendschule in die Elf gerutscht. Eigentlich Innenverteidiger, dann
fehlte einer rechts. Steht nicht immer richtig, passt nicht immer
präzise, aber, Junge, was für ein Einsatz. Maßgeblicher Grund, warum die
Deutschen in der Luft vorne wie hinten so gefürchtet waren. Und damit
als Elf eine gänzlich andere Ausstrahlung erhielten. Ist jetzt auch
Weltmeister. Als linker Verteidiger. Bringt damit alles mit für den
Künstlernamen Fußball-Gott.
Bastian Schweinsteiger
Sechs
Wochen hat er nicht gesprochen. Zum Auftakt des Trainingslagers in
Südtirol, da hockte er noch mürrisch in seinem Ratan-Sessel, der ganze
Schweinsteiger, ein Bild des Jammers. Zweifel nisteten sich ein, ob das
noch etwas wird mit dieser WM. Er ist dann langsam ins Turnier
gestartet, wurde solider, solider, solider – und dann: Finale. Wie ein
Gladiator warf er sich in jeden Zweikampf, 120 Minuten. Und zeigte,
warum es Spieler gibt, auf die eine Elf nur schwer verzichten kann. Ihre
Ausstrahlung und Sehnsucht nach Erfolg so viel größer als die Summe
ihrer Fertigkeiten. Jetzt geht Schweinsteiger als einer der größten
deutschen Mittelfeldspieler in die Länderspielgeschichte ein.
Bastian Schweinsteiger und Joachim Löw nach dem Titelgewinn© Andreas Gebert/DPA
Christoph Kramer
Ist
jetzt Weltmeister, und wird in den nächsten 500 Jahren einer der Elf
sein, die zur Startaufstellung gehörten. Durfte für Sami Khedira ran.
Musste dann aber schnell wieder raus. Macht nichts. Wird bleiben. Wenn
nicht mehr allzu lange in Mönchengladbach, so doch als Akteur dieser
Elf. Aber Achtung: Die Benders und Gündogan lauern!
Toni Kroos
Das
war "Kroosartig" schrieb die Bild zum Halbfinal-Auftritt von Toni
Kroos. Und wir schließen uns an. Toni hat ein kroosartiges Turnier
gespiel. Er hat sich endgültig durchgesetzt, im deutschen Mittelfeld,
aber auch als Figur des internationalen Fußballs. Ein Drehkreuz,
mittlerweile in alle Richtungen, nicht nur nach vorn. Und doch, könnte
noch eine Spur leidenschaftlicher auftreten, vor allem wenn sich
Fußballspiele zu einer Schlacht ausweiten. Real wird ihn lieben. Es
bekommt jetzt einen Weltmeister.
Thomas Müller
Der
Müller halt. Mit 24 alles gewonnen, das macht selbstbewusst, auch klar.
Wenn er eine Spur Anstand hat, beendet er sofort seine Karriere, bevor
es peinlich wird mit all den Titeln. Aber ihm ist ja nichts peinlich.
Ist als Raumdeuter mittlerweile so oft beschrieben worden, dass man das
nicht noch einmal tun möchte. Hat wieder ein großes Turnier gespielt.
Dass das Finale nicht zu seinem wurde, darf man ihm nicht nachhalten. Es
war nicht der Tag der Stürmer, Langholz war Trumpf. Brachte sich
deshalb als Läufer vor der Abwehr ein. Bleibt ja jetzt beim FC Bayern,
im Gegensatz zu Kroos. Schön für die Münchner.
Mesut Özil
Bei
dieser WM ein wertvoller Rollenspieler, auch dann, wenn er nicht an
Torvorlagen beteiligt war. Sein Glück, dass der verdammt gute Reus
passen musste. Dadurch ohne echten Herausforderer. Aber auch so
zumindest befriedigend, wenn da nur sein riesiges Talent nicht wäre und
ein Anspruch, einem jeden Spiel den Stempel aufzudrücken. Aber was will
man einem wie ihm vorwerfen, der jetzt spanischer Meister, Pokalsieger
und Weltmeister ist? Dass er noch mehr aus seinem Talent machen soll?
Wenn es ihm nicht gelingen sollte, ist Weltmeister auch nicht so
schlecht.
Miroslav Klose
Rekordtorschütze.
Weltmeister. Ergreifend, wie bei ihm, so nach Innen gekehrt, danach die
Tränen flossen. Opferte sich noch einmal auf. Lief, so weit die nicht
mehr ganz so frischen Füße ihn trugen. Wird immer als der Spieler in
Erinnerung bleiben, der direkt in den Nationalmannschaftskader geboren
wurde. Spielte er überhaupt auch für Vereinsmannschaften? Ja, unter
anderem für den FC Bayern, mit mäßigem Erfolg. Macht nichts. Er bleibt
für immer "der Miro“ Deutschlands. Natürlich auch in vier Jahren wieder
dabei, dann längst vereinslos. Aber für ne WM reicht es doch immer. Ok,
vielleicht nicht mehr ganz.
Mario Götze
Götze
schrieb die Geschichte vom Fußballwunderkind. Dabei spielte er lange
eine gar nicht so wunderbare WM. Aber, wie sagt man so schön: Große
Spieler zeigen sich in großen Spielen. Und wer das Siegtor im WM-Finale,
dazu noch so ein schönes Siegtor im WM-Finale erzielt, der kann nur a)
ein weltklasse Fußballer sein und b) eine unglaublich gute WM gespielt
haben.
Mario Götze beim Siegtor© Matthias Hangst/Getty Images
Sami Khedira
Bärenstark
gegen Brasilien, dann machte vor dem Finale leider die Wade zu. Es ist
ein Jammer, dass er beim WM-Triumph keine Sekunde auf dem Platz stand.
Er wird dennoch für alle Ewigkeit in die Geschichte eingehen. Toni Kroos
hat vor dem Finale zwar richtigerweise betont, dass man mit einem
starken Halbfinale noch kein Weltmeister ist. Doch Khedira darf sich
freuen: Mit einem gewonnenen Finale im Rücken bleibt auch das 7:1
mindestens genauso legendär. Und da war Khedira mit Kroos der beste Mann
auf dem Platz. Eine geschlossene Wade hindert einen Khedira ja ohnehin
nicht am weitermachen. Er wird definitiv wiederkommen. Wahrscheinlich
mal wieder stärker denn je.
Per Mertesacker
Merte
fühlte sich auch dann noch für alle verantwortlich, als er selbst aus
der Elf gepurzelt war, was alles andere als selbstverständlich ist. Ein
großer Mann mit großem Herz. Schön, dass er auch im Finale noch
eingewechselt wurde. Muss bleiben, mindestens so lange wie Klose. Als
was auch immer.
Lukas Podolski
Der gute, alte
Poldi ist ein Muster an guter Laune. Seine WM? Na ja. Eher zu
vernachlässigen. Wird sich schwer tun, seinen Platz noch einmal zu
finden. Andererseits: Löw schätzt ihn sehr. Könnte der neue Klose oder
ein weiterer Mertesacker werden. Fürs Binnenklima nicht zu
unterschätzen. Muss bleiben. Als was? Als Lukas Podolski.
Julian Draxler
Julian
Draxler ist auf dem Weg, der neue Spaßvogel (prankster; comedian) des Nationalteams zu
werden. Auf der Fanmeile in Berlin sang er: "Großkreutz, rück den Döner
raus!" (Kevin G. coughed up the filled pita pocket-- I don't get it either-- but this is what Julian had the 400K fans in Berlin chanting. -- rsb) und schmähte (taunted) damit aus Spaß seinen Dortmunder Kollegen. Die
Stimmung war also prächtig bei Julian Draxler. Logisch, er ist
Weltmeister und stand beim 7:1 gegen Brasilien für 20 Minuten auf dem
Feld. Von diesem Spiel wird er noch seinen Kindern, Enkelkindern und
Urenkelkindern erzählen. Vielleicht erzählt er dann ja auch von Kevin
Großkreutz.
Matthias Ginter, Erik Durm, Kevin Großkreutz
Die
beiden Jungspunde (whipper-snappers) Ginter und Durm und der Allrounder Großkreutz waren
die perfekten Ergänzungsspieler (subs) für Löw. Sie durften WM-Luft (air) schnuppern (to sniff),
wären zur Not zur Stelle gewesen, stellten aber keine Ansprüche und
dürften die Wahnsinns-Wochen einfach nur genossen (enjoyed, geniessen = to enjoy) haben.
Roman Weidenfeller, Ron-Robert Zieler (Torhüter)
Neuers
Schulter hielt. Die beiden Ersatz-Keeper konnten dem WM-Spektakel daher
entspannt zusehen - und sich bei Neuer noch einiges abgucken.
Weidenfeller und Zieler wissen ja, dass sie beide so gut sind, dass sie
wohl bei vielen anderen Nationen Stammtorhüter wären.
Nur der Neuer, der
schwebt eben in anderen Galaxien (simply orbits in other galaxies).
Der Weltmeister 2014 im Konfettiregen: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft© Matthias Hangst/Reuters
HIER IM FILM BEIM POKAL VERLEIHUNG:
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